[vor 1763 Juni 10:] Brukenthal rechtfertigt gegenüber Maria Theresia die Abgaben der sächsischen Nation und nimmt zu deren Schuldenstand Stellung.
Orig. im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, St. R. A. 1777/1763.
Bezug: Biographie, 1. Bd., S. 201, bes. Anm. 587.
Datierung aufgrund der Notiz des Kopisten, dass die Angelegenheit am 10. Juni 1763 verhandelt worden sei.
[Notiz des Kopisten am Ende des Dokuments:]
Zu St. R. Z. 1777/1763. Praes.
sub. ausp. v. 10. VI. 1763
II./Q
Allerdurchläuchtigst-Großmächtigst-Unüberwindlichste
Römische Kaiserin, Apostolische Königin etc.
Allergnädigste Kaiserin, Königin Erb-Landes Fürstin.
In Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät geheiligten Nahmen ist mir von der Siebenbürgischen Hoff-Cantzeley der Befehl zugeferttiget worden, daß, weil ich bey meinen ehemaligen Hierseyn allerunterthänigst vorgestellt hätte, die Sächsische Nation würde wenigstens 100.000 flr. von ihren Schulden jährlich abtragen können, dieses aber nicht geschehen, und dennoch berichtet wurde, daß die Contribuenten wieder Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät geheiligten Befehl unter diesen Vorwand bebürdet würden, so solte ich darüber meinen allergehorsamsten Bericht erstatten.
Euer Kaiser Königlich Apostolischen Majestät geruhen Allergnädigst zu erlauben, daß ich die Umstände wieder zurück ruffe, in die mich Euer Kaiser-Königlich Apostolische Mayestät Allerhöchste Gnade auf das treugehorsamste Flehen der Sächsischen Nation damahlen gesetzet hatte. Ich war hier in den dringendesten Angelegenheiten dieses Volcks als Abgeordneter, und muste auf sein Geheiß alle die Beschwerden vor Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät geheiligten Thron bringen, die ihm wehe thaten, die es zum wahren Nachtheil des Allerhöchsten Dienstes nach und nach entkräffteten, und deren Abhülffe es von der Mütterlichen Milde Euer Kaiser-Königlich Apostolischen Mayestät zu hoffen sich erdreüstete.
Eine von seinen wichtigsten Beschwerden war diejenige, welche es nicht so wohl über die Errichtung des Directorii Oeconomici, als deßen Haushaltung führete. Denn ohnerachtet diese Stelle ohne daß die Nation jemahls darüber gehört worden wäre, angeordnet war, so unterwarff sie sich ihr dennoch aus Erkäntniß der Pflichten, die sie Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät Allerhöchsten Befehle schuldig ist, und unterstunde sich erst in der Folge der Zeit, da sie nicht allein die Erfahrung von dem Nachtheil unterrichtet hatte, welche daraus erwuchs, sondern ihr auch die vielen fruchtloß angewendeten Unkosten zu schwer fielen, Euer Kaiser-Königlich Apostolischen Mayestät ihre Klagen zu Füssen zu legen.
Die Nation konte leicht einsehen, daß Euer Kaiser-Königlich-Apostolische Mayestät bloß aus Allermildester Vorsorge ihren Unvermögen zu statten kommen und durch die Errichtung dieser Stelle die Bezahlung ihrer Schulden unvermerkt, und ohne daß sie dabey leyden dörffte zu bewürken geruhet.
Sie trug mir also auf Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät nebst dem Ursprung der Schulden, den sie in die Unruhen der älteren Zeiten, und in die unerschwenklichen Abgaben setzet, davon sie viele als Merkmahle ihrer thätigen Treue gegen Euer Kaiser-Königlich Apostolischen Mayestät Allerdurchlauchtigstes Ertz-Hauß anzusehen sich erkühnet, auch allerunterthänigst vorzustellen, daß das Directorium die von ihm gefaßte Erwartung keinesweges erfülle, indeme nicht allein die [S. 2] Arth seiner Haushaltung dem Contribuenten schwerfalle, und ohne die Nutzungen entzöge, die zum Aufkommen seiner beßern Nahrung nothwendig, und der Natur seiner Freyheit gemäß wäre; sondern daß es auch durch die häuffigen Wierthschaffts Bedienten, und Besoldungen die Erzeugniße so wohl der von ihm Directorio angeordneten Gefälle, die größtentheils aus der Hand des Contribuenten kamen, und vor Abgaben gehalten werden konten, als nicht minder die Einkünffte von den unschuldigen, und lange vorher durch eigenen Fleiß der Nation eingerichteter Wierthschafften, wegnehme, erschöpffe, und von der Absicht der Schulden Tilgung ableite.
Sie trug mir auf Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät fußfällig vorzustellen, daß sie von freyen Willen, ungedrungen, bloß von dem Trieb der eigenen Erhaltung geführet, in den beßeren Jahren einen grossen Theil ihrer ehemahligen Schulden bezahlet; daß sie jetzo, da Euer Kaiser Königlich Apostolischen Mayestät Weißheit und Fürsorge, der Willkühr, und der Übermacht, zwoer Uhrsachen, denen sie ihr gantzes Unglück zuschreibt, Schranken gesetzet, und allenthalben eine billige Gleichheit eingeführet, den Rest der Schulden bald, und völlig abtragen werde. Sie schlug zu dem Ende zwey Quellen vor; eine, die Beybehaltung der unschuldigen Gemeine Wierthschafften, welche sie durch Fleiß noch mehr zu erheben, und zu erweitern versprach: die zweyte, den guten Willen der Contribuenten, den nehmlich, welchen das Gefühl seiner Kräffte, die Betrachtung der geseegneten und ruhigen Zeiten, die Zärtlichkeit vor seiner Nachkommenschafft, der natürliche Trieb seine Umstände zu erleichtern, besinnen, und zu Bezahlung seines Antheiles an den Gemeinen Schulden fortreißen würden. Keine Auflagen, keine Einmischungen der Beamten, solten hierbey statt haben, sondern ein jedes Dorff, eine jede andere Gemeinde würde nach ihren Umständen einen selbst beliebten Theil derer auf sie gefallenen Schulden übernommen, und jährlich abgezahlet haben.
Dieses erkühnte sich die Nation fußfällig zu bitten, und faste die sichere Hoffnung aus beyden Quellen alle Jahr wenigsten m/100 fr entrichten zu können. Ich gründete meine allerunterthänigste Äußerung auf diese Hoffnung, und ich darff es nicht in Abrede stellen, daß ich nicht auch jetzo in den Gedanken stünde, die Sächsische Nation werde, wenn sie die Gerichte Gottes nicht mit Land-Plagen heimsuchen, ihre treugehorsamste Zusage zu ihren eigenen Besten aus beyden Quellen erfüllen.
Es ist mir zwar nicht unbekant, daß jedes abgewichene Jahr mit der gantzen Summa nicht aufgekommen, sondern kaum bei der Helffte stehen bleiben müßen, allein der Anfang ist in aller Sache schwer, und wie leicht verläuft nicht ein Jahr, ehe man alles auseinander klauben, Einrichtung Treffen, und die getroffenen in dem Gang bringen kann. Vielleicht wird das Directorium nicht zeigen können, daß es von den Anfang seiner Haushaltung bis zu dem Ende derselben aus eigener Wierthschafft von den Gemeinen Schulden nur so viel abgezahlet habe, als die Nation in dem verflossenen ersten Jahre gethan hat; ich aber bin gewieß, und werde durch sichere Nachrichten noch täglich mehr überzeugt, daß in dem jetzigen 1763ten Jahre bereits m/50 fr abgezahlt, und bis zu dem Ende desselben wiederum ein nahmhafftes entrichtet werden solle. Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät geruhen diesen Vorgang Allergnädigst in Erwägung zu ziehen, und der Nation in Gnaden Aller- [S. 3] mildest zu gedenken.
Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät geheiligter Befehl scheint in zwey Stücken meinen allerunterthänigsten Bericht zu erfordern. In Absicht auf meine gehorsamste Äußerung die Nation würde von ihren Schulden jährlich wenigstens m/100 fr zahlen können, habe ich die Gelegenheit, und die Uhrsache, welche mich darzu veranlaßet, fußfällig vorgestellet.———–
Es ist noch die Auskunfft übrig, die ich über die Berichte, als wenn unter dem Vorwand der Schulden Tilgung der Contribuent mit Aufflagen wieder Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät Allerhöchstes Untersagen bebürdet würde, aller unterthänigst geben soll.
Als Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät die Allerhöchste Gnade hatten auf das fußfällige Flehen der Treuen Sächsischen Nation die Haushaltung des Directorij einzustellen, und die Sorge der Schulden Zahlung der Nation Allermildest ein zubinden, so geruheten Allerhöchst dießelben zugleich Allergnädigst zu unter sagen, daß die Nation dieserwegen die Contribuenten mit keinen Aufflagen bebürden solte. So wie ich die Denkungs Arth der Sächsischen Nation kenne, so vermuthe ich noch, daß sie entweder zusammengenommen, oder jemand ins besondere sich unterstanden hätte, dieses Allerhöchste Verboth zu übersteigen, aus Begierde sich dadurch Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät Allerhöchsten Vertrauens würdiger zu machen, daß sie gleich zu der Schuldentilgung werkthätig Hand anlegete, weiß ich, daß sie bey Einrichtung der Verzeichniß ihrer durch das verfloßene Jahr bezahlten Schulden zugleich vorstellete, daß Dorffschafften und Gemeinde um den Antheil der auf sie fallenden gemeinen Schulden bäthen, und selbigen theils aus ihren zurückgegebenen Wierthschaffts Gefällen theils durch freywilligen Beytrag zu unterrichten versprachen. Ich weiß, daß das Gubernium in Rücksicht auf Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät Allerhochsten Verboth durchaus keine Aufflagen verstattete, wohl aber die Meynung äußerte, daß freywillige Abträge der ihrer eigenen Willkühr überlassenen gemeinen um so weniger zu verhindern wären, als sie dadurch von den Schulden ehender befreyt zu Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Majestät Allerhöchsten weiteren Diensten mit noch fähiger gemacht würden. Dieses schien nicht allein der natürlichen Freyheit, und dem eingepflantzten Trieb seinen Zustand zu verbeßeren gemäß, sondern auch theils deßwegen nothwendig, weil nicht alle Stühle, und auch in den Stühlen nicht alle Dorfschafften gleiche Güter, Gründe, oder andere Bequemlichkeiten haben, dergleichen gemeine Wierthschafften ohne dem armen Mann weit nachtheiligere Kürtze anzuthun, anzufangen, theils auch deßwegen weil sie ohne jemandes Schaden den Gebrauch von den jezigen ruhigen, und geseegneten Zeiten vorsichtig machen, und sich und ihrer Nachkommenschafft eine Last vom Halse weltzen können, welche sie bey veränderten Umständen nur noch mehr Drücken würde. Zu diesem komt noch, daß der Contribuent in seinen Nahrungs Standt keinesweges geschwächet, noch in Entrichtung seiner Steuern zurück gesetzet wird, sondern er entziehet sich nur von freyen Stücken einiges zugutethun, eine Ergötzlichkeit, ohne die Er leicht seyn kan, und die Er dem beßeren Wohl der Zukunfft willig auf- [S. 4] opffert. Ja da viele dergleichen besonders aber Dorffs-Schulden auf versetzten Gründen, Wiesen, oder Waldungen hafften, so werden seine Geniessungen und Wierthschaffts Stand durch die baldige Tilgungen der Schulden so wohl zu eigenem, als seiner Nachkommen Besten erwartet, die Gegenstände der Contribution vermehret und das gantze der Nation in Aufnahmen gebracht. Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät geruhen Allergnädigst den in dieser Materie vor einigen Zeiten wegeschickten treu gehorsamsten Bericht des Gubernii sich vortragen zu lassen, und Allergnädigst zu erlauben, daß die Sächsische Nation, welche die Schulden Sache in der Ordnung haben wird, den Standt der in dem laufenden Jahr bereits abgezahlten Schulden von jeden Orth besonders ausweise, und das Verlässige Verzeichnüß davon Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät zur Allerhöchsten Einsicht durch das Gubernium einschicke.
Gott kröne Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät Allerhöchste Regierung mit seinen Göttlichen Seegen:
Das flehet
Euer Römisch-Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät
allerunterthänigst gehorsahmster Knecht
und Unterthan
Samuel Br. Brukenthal.
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Empfohlene Zitierweise:
Quellen zur Geschichte Samuels von Brukenthal. Aus dem Nachlass von Georg Adolf Schuller, hg. von Konrad Gündisch und Jonas Schwiertz, 2022.
URL: https://siebenbuergen-institut.de/1763-6-10-1 (Stand: 27. März 2022).
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