Erster Genealogentag in Gundelsheim, 2014

 
Am 28. Juni 2014 fand in Gundelsheim der erste Genealogentag statt, zu dem der Leiter der Sektion Genealogie des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde e.V. (AKSL), Dr. Christian Weiss, eingeladen hatte. Der Genealogentag ist eine ideale Gelegenheit, sich über die Möglichkeiten und Entwicklungen in der Familienforschung zu informieren, aber auch eine Ideenbörse mit der Möglichkeit, eigene Beiträge vorzustellen oder Anregungen und Fragen auszutauschen. Er soll eine jährliche Einrichtung werden, um allen Siebenbürger Genealogen als Forum zu dienen. Das Hauptthema waren dieses Mal „Genealogische Sekundärquellen“.

Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Vorsitzenden des AKSL, Dr. Ulrich A. Wien, und den Genealogie-Sektionsleiter Dr. Christian Weiss wurde der Genelogentag von Dr. Martin Armgart mit dem Vortrag „Ein Werkstattbericht aus Erschließungsarbeiten weiterer genealogisch relevanter Quellen zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“ eröffnet. Diese Quellen werden im Folgenden vorgestellt.

– Das Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen, das seit 2012 online einzusehen ist, enthält knapp 6000 Dokumente. Es ist die moderne Fortsetzung des seit 1892 in Hermannstadt erschienenen, vom Hermannstädter Archivdirektor Dr. Franz Zimmermann herausgegebenen gedruckten Quellenwerkes. Diese Quellensammlung stand schon im 19. Jahrhundert auf der Agenda des „Landeskundevereins“. Die folgenden Bände wurden u. a. von führenden Landeshistorikern wie Carl Werner Zimmermann, Michael Auner, Georg Müller, Konrad Gündisch oder Gernot Nussbächer herausgegeben. Der letzte gedruckte Band erschien 1991. Das Online-Urkundenbuch ist ein Datenbanksystem, das in Zusammenarbeit mit der Uni Trier erstellt wurde. Es ist über die Homepage des Siebenbürgen-Instituts abrufbar (e-Transilvanica). Es gibt umfangreiche Recherchemöglichkeiten, z. B. nach Urkundennummer, Ausstellungsort, Art der Vorlage sowie verschiedene Suchfunktionen (z. B. Namen). Planungen für die Zukunft sehen die Erfassung der Überlieferungen bis 1526 (Schlacht bei Mohács) vor, die in Hermannstadt, Kronstadt, Bistritz bzw. weiteren „verstreuten“ Standorten vorliegen.

– Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts: Nach der Reformation wurde nicht mehr alles zentral in Rom geregelt und so wurden evangelische Kirchenordnungen zu besonderen Quellen. Der Rechtshistoriker Emil Sehling hatte Ende des 19. Jahrhunderts ein Editionsprojekt gestartet, um Kirchenordnungen des gesamten deutschen Sprachraums zu erfassen. Die beiden Weltkriege unterbrachen diese Arbeiten. Nach 1945 wurden sie von der Evangelischen Kirche in Deutschland weitergeführt. Seit 2002 gibt es bei der Heidelberger Akademie der Wissenschaften eine eigene Forschungsstelle mit hauptamtlichen Bearbeitern. Da die Siebenbürger Sachsen im 16. Jahrhundert eine eigene landeskirchliche Organisation aufgebaut hatten, wurden deren Kirchenordnungstexte bei der Erfassung berücksichtigt. Die vielen Namen von Pfarrern, Vertretern aus Stühlen und Distrikten, die an Synoden oder anderen Versammlungen teilgenommen haben, sind wichtige genealogische Quellen.

– Synodalprotokolle der Evangelischen Kirche A.B. in Siebenbürgen 1601-1753: Die Synode war bis 1753 die oberste Instanz der Sachsen. Die dort versammelten Geistlichen wählten den Sachsenbischof, trafen kirchenordnende Regelungen und Vereinbarungen mit weltlichen Gewalten und behandelten Interna (strittige Berufungen, heikle Ehesachen u.v.m.). Für diese Protokolle ist noch Erschließungsarbeit notwendig.Dr. Robert Offner referierte beim ersten ...Dr. Robert Offner referierte beim ersten Genealogentag. Foto: Anneliese Vater In seinem Vortrag „Stadtadressbücher und Behörden-Schematismen als genealogische Quellen“ erläuterte Dr. Werner Klemm, wie wichtig diese Quellen für die personen- und familiengeschichtliche Forschung sind. Schematismus war eine im 18. und 19. Jahrhundert verbreitete Bezeichnung für die Darstellungen des Organisationsaufbaus in Verwaltung, Militärwesen und Kirchenhierarchie. Durch ihre Erweiterung mit Einwohneradressen entstanden Adress-Kalender. Werner Klemm zeigte, welche Vielfalt an Schematismen und Stadtadressbüchern es in Siebenbürgen gab, und wie diese als genealogische Quellen verwendet werden können. In seinem zweiten Beitrag „Bergleiter-Forschung auf falscher Fährte. Richtige Herkunft entdeckt“ erklärte Dr. Klemm, wie die offensichtliche Verwechslung der Ortsbezeichnungen Martinsdorf und Mortesdorf bei dem Hermannstädter Familienforscher Lorenz Sievert dazu führte, dass für Jahrzehnte der wahre Wirkungsort des Organisten Petrus Bergleiter im Dunkeln blieb.

„Kirchenstellenregister bzw. -listen als genealogische Quellen“ hieß der Vortrag von Dr. Christian Weiss. Es ging um zum Teil laufend geführte Bücher (Zeiden), meist lässig geführte Listen zu den Sitzplätzen in der Kirche. Dafür gab es örtlich unterschiedliche Ordnungen, selten schriftlich festgehalten (Trappold). Sie können – vor allem für Jahrgänge, in denen andere Unterlagen fehlen – besonders den Tod, aber auch Verwandtschaftsbeziehungen klären.

Der Vortrag von Dr. Robert Offner „Peregrinatio academica und die Universitätsmatrikeln als Quellen für die siebenbürgische genealogische Forschung“ knüpfte an seinen 2009 im Rahmen des AKSL gehaltenen Vortrag an. Die Akademiker-Migration ist ein seit der Antike bekanntes Phänomen. Der erste im Ausland (Paris) studierende Siebenbürger ist 1292 nachgewiesen. Offner verwies auf eine Fülle von Quellen und Literatur zum Auslandsstudium der Siebenbürger (1292-1918). Er wies darauf hin, dass sich aktuell das Zentrum der Erforschung der peregrinatio academica an der Eötvös-Loránd Universität in Budapest unter Federführung von Prof. László Szögi befindet. Zwischen 1994 und 2014 sind dort 21 Bände „Universitätsbesuch ungarländischer Studenten im Mittelalter“ erschienen. Darin findet man außer den Namen der Studierenden deren Herkunft, Religion, Beruf etc. Der Band 18 wurde von Dr. Robert Offner und Hansgeorg von Killyen herausgegeben. Da die Siebenbürger Sachsen nicht nur Schulen sächsischer Städte besuchten, sollten für die genealogische Forschung die Matrikeln aller „Hochen Schulen“, Gymnasien und Kollegien aus Siebenbürgen herangezogen werden. Dazu gab er einige sehr aufschlussreiche Beispiele aus Neumarkt und Klausenburg.

Abschließend berichtete Harald Müller-Baur, Geschäftsführer der Kirchenbuchportal GmbH aus Stuttgart, über das Internet-Portal www.archion.de, das im Herbst online gehen wird. Die Kirchenbuchportal GmbH hat das Ziel, im Internet über den Bestand an Kirchenbüchern in deutschen kirchlichen und staatlichen Archiven zu informieren. Nach den Inventaren werden auch Digitalisate von Kirchenbüchern ins Netz gestellt. Da für dieses Angebot erhebliche Investitionen zu leisten sind, wird der Zugang zu diesen Informationen kostenpflichtig sein. Gesellschafter sind die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und elf Landeskirchen. Herr Müller-Baur stellte einige Folien vor, die den Aufbau und die Recherchemöglichkeiten des neuen Portals veranschaulichten. Bislang sind Kirchenbuchnachweise von evangelischen und katholischen Landeskirchen und Bistümern unter folgender Internetadresse zu finden: www.kirchenbuchportal.findbuch.net.

Erwähnenswert sind die Führungen durch die Bibliothek durch Christian Rother und durch das Archiv durch Jutta Fabritius, die den wenigen Teilnehmern, die schon Freitag angereist waren, interessante Aspekte eröffneten. Ihr anschließender Vortrag über Nachlässe, die im Archiv lagern, und speziell über den Nachlass des vielseitigen Wissenschaftlers Karl Kurt Klein ließ die Teilnehmer beeindruckt staunen.

Dieser Genealogentag zeigte, dass auf dem Gebiet der Genealogie noch viele Erschließungsarbeiten nötig sind, für die ehrenamtliche Mitarbeiter willkommen sind. Der zweite Genealogentag wird im kommenden Jahr stattfinden.

2014

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