1771, Juni 28, Wien: Brukenthal schreibt an Maria Theresia wegen der Besetzung der Stelle eines interimistischen Direktors in der Siebenbürgischen Hofkanzlei mit dem Grafen Nemes.
Orig. im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, St. R. A. 2547/771
Bezug: Biographie, 1. Bd., S. 265 (mit der Datierung 18. Juli 1771).
[Notizen des Kopisten am Ende des Dokuments:]
(Eigenhändig; vol. halbbr. beschrieben;
Nr. 2547/771 des Staats-Archives in Wien (Staatsrat.)
[S. 1]
Brukenthal
Nota.
Betr. d. Kanzleidirektorstelle
in Hermannstadt 1771.
Euer Majestät!
Der Gubernator Graff v. Auersperg[1] stellt in beygebogener alleruntherthänigster Nota vor; es hätten ihn die bemeldete, bey dem Gubernio obwaltende Unordnungen bewogen, eine neue Manipulations Arth nach dem Beyspill derjenigen anzuordnen, welche bey Euer Majestät Königl.-Hung-Hoff Cantzelley eingeführet worden ist. Er werde sowohl über die angetroffene Unordnungen, als die eingeführte Manipulations Arth, zu seiner Zeit, den verläßlichen, und umständlichen Bericht erstatten; er sey aber des allerunterthänischten Dafürhaltens, es dörfte zur Erhaltung der vorgeschriebenen Ordnung nöthig sein, den Graffen Nemes[2] zum interimal Cantzeley Director mit 500 fl. Zusatz, allermildest zu ernennen, und ihm die Aufsicht darauf, welche ansonsten dem Provincial Cantzlar zukäme, anzuvertrauen.
Meine allerunterthänigste Betrachtungen gehen theils auf die Sache selbst, theils auf die Umstände des Vorgeschlagenen. Ich weis daß bey der Manipulation im Gubernio, die von Euer Majestät allermildest bestätigte Verordnung versäumt worden, u. daher nothwendige Verwirrungen entstehen müßen; da der Gubernator aber weder seine Anordnungen herausgegeben, noch angezeigt hat, ob, u. wie er die gantze Einrichtung der Königl. Hung. Hoff Cantzeley genutzt habe; so kann ich weder über die Hin- oder Unhinlänglichkeit derselben, zur Wegschaffung der Mängel, u. Unordnungen urtheilen, noch einsehn, wie die Einrichtungen einer Hoffstelle bey einer Landesstelle eingeleitet, und den vielen Fremden Verhältnißen angepast werden mögen. Ich würde also des allerunterthänigsten Dafürhaltens seyn, daß die getroffenen Anordnungen herausgefordert werden, derweil aber ihr Fortgang immer unaufgehalten befördert werden könte.
Der Nahme eines Cantzeley Directoris ist in 7bürgen völlig unbekandt; die Gesetze sowohl, als die Verfassung, kennt nur einen Cantzler, der neben den übrigen wichtigen Geschäften auch die Einsicht und aufsicht auf die Provincial Cantzeley zukommt. Wo also kein wirklicher Cantzeley Director ist, sehe ich nicht, wie ein interimalis ernannt u. angestelt werden könne; vielmehr würde, wenn die Aufsicht der Cantzeley durchaus einen besondern Mann erfordern solte, ein V. Cantzler, creirt werden sollen. Es bestünde sonst die Anordnung, daß der erste, oder älteste Gub. Secretarius in Abwesenheit, oder Krankheit des Cantzlers die Geschäfte der Cantzeley besorgte, so wie seine übrige, und wichtigere Verrichtungen theils auf den Gubernator selbst, theils auf einige dazu ausersehene Räthe zurück fielen. Dieses bestunde in den vorigen Jahren lange Zeit, weil die Cantzler Stelle [S. 2] immer unersetzt blieb, und es könte vielmehr auch ietzt geschehen, weil nicht allein im Gubernio die Aufteilung der Arbeiten leicht vor sich gehen wird, sondern auch der Ältere Secretarius ein Mann ist, dem die Aufsicht auf die Cantzley, wie sie ihm ohne dem gebührt, mit allem Fug anvertraut werden kann.
Der Graff Nemes ist, wie es Euer Majestät in gnädigem Andenken ruhet, Praeses von der Contributional Comission, Praeses von der Commercial Commission; er hat den Auftrag in der Sanitäts Commission, u. soll, wenn es die Umstände erfordern, selbst auf Orth, u. Stelle hingehen; außer diesem hat er ein eigenes Referat in dem Gubernio; wie er also, wenn ihm auch dieses letztere abgenommen werden solte, doch der drey vorigen Gegenständen, wo er meist notwendig ist, zulangen und auch der Cantzeley dabey vorstehen könne, sehe ich nicht wohl ein.
Der Graff Nemes hat besonders in dem Contributionali u. Commerciali gut, u. mit vielem Nutzern gedient, ohne daß ihm deßwegen der mindeste Zusatz angetragen oder zugefloßen wäre; ich muß es also gestehen, daß ich ihm selbst aus den von dem Gubernator angeführten Ursachen[3] die Vermehrung seines ordentlichen Gehaltes mit 500 fl. gern gönnen würde, nicht aber wegen der Cantzeley Direction, sondern wegen Besorgung der wichtigeren, und weit nützlichern Contributional u. Commercial Commissionen.
Meine allerunterthänigste Meynung würde überhaupt dahinn gehen, daß es bey den getroffenen Anordnungen des Gubernatoris bleibe, in solange aber von Euer Majestät in dem Wesen selbst keine allerhöchste Entschließung gefaßt werden möge, bis die eingeführte Manipulations Arth Allerunterthänigst im Ganzen vorgelegt wurde, denn ohne Zusammenhang u. nur stückweis last sich ein Geschäfte dieser Arth nicht leicht volkommen beurtheilen, u. es kann mehr verdorben, als gut gemacht werden. Doch beruht alles auf Euer Majestät allerhöchstem Willen
B. v. Brukenthal.
Wien den 28sten Junii 1771
[1] Maria-Joseph Graf v. Auersperg.
[2] Johann Graf v. Nemes.
[3] Anm. von G. A. Schuller: Schwierige Vermögensumstände
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Empfohlene Zitierweise:
Quellen zur Geschichte Samuels von Brukenthal. Aus dem Nachlass von Georg Adolf Schuller, hg. von Konrad Gündisch und Jonas Schwiertz, 2022.
URL: https://siebenbuergen-institut.de/1771-6-28-1 (Stand: 14. Februar 2022).
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