1763 [ohne Monats- und Tagesangabe]: Schreiben Brukenthals an Maria Theresia über den „Sächsischen Schuldenstand“.
Abschrift aus dem Ungarischen Landesarchiv in Budapest, Reg.-Z. 318/1763.
Bezug: Biographie, 1. Bd., S. 139-141.
[Notizen des Kopisten am Anfang des Dokuments:]
Brukenthal
Bittgesuch 1763
Präs m S Kanzlei
U. VII. 1763.
Reg. Z. 318 / 763
Budapest Arhiv
[Notizen des Kopisten am Ende des Dokuments:]
(Name original.) o. d.
[S. 1]
Sächsischer Schuldenstand.
Allerdurchläuchtigste, Großmächtigste, Römische Kaiserin in Germanien, zu Hungarn und Böheimb Apostolische Königin, Erz Herzogin zu Österreich etc.
Allergnädigste Kaiserin Königin Erb Landes Fürstin
In Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Majestät geheiligten (!)[1] Nahmen ist mir von der Siebenbürgischen Hoff-Kantzeley der Befehl zugeferttiget worden, daß, weil ich bey meinem ehemaligen hierseyn Allerunterthänigst vorgestellt hatte, die Sächsische Nation würde wenigstens 100 000 Fl. von ihren Schulden jährlich abtragen können, dieses aber nicht geschehen, und dennoch berichtet würde, daß die Contribuenten wieder Euer Kaiser- Königlich-Apostolischen Mayestät geheiligten Befehl unter diesem Vorwand bebürdet würden, so sollte Ich (!) darüber meinen allergehorsamsten Bericht erstatten.
Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät geruhen allergnädigst zu erlauben, daß ich die Umstände wieder zurück ruffe, in die mich Euer Kaiser-Königlich-Apostolische Mayestät allerhöchste Gnade auf das treu gehorsamste Flehen der Sächsischen Nation damahlen gesetzet hatte. Ich war hier in den dringendsten Angelegenheiten dieses Volkes als Abgeordneter, und muste auf sein Geheiß alle die Beschwerden vor Euer Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät geheiligten Thron bringen, die ihm wehe thaten, die es zum wahren Nachtheil des Allerhöchsten Dienstes nach und nach entkräfteten, und derer Abhülfe es von der Mütterlichen Milde Euer Römisch-Kaiser-Königlich-Apostolischen Mayestät zu hoffen sich erdreistete. Eine von seinen wichtigsten Beschwerden waren diejenigen, welche es nicht sowohl über die Errichtung des Directorii Oeconomici, als dessen Haushaltung führete, denn ohnerachtet diese Stelle, ohne daß die Nation jemahls darüber gehört worden wäre, angeordnet war, so unterwarff sie sich ihr, dennoch aus Erkentniß der Pflichten, die sie Euer Kaiser-Königlich-Apostolische Mayestät Allerhöchsten Befehle schuldig ist, und unterstunde sich nicht in der Folge der Zeit, dahin nicht allein die Erfahrung von dem Nachteil unterrichtet hatte, welcher daraus erwuchs, sondern ihr auch die vielen fristloß angewendeten Unkosten zu schwer fielen, Euer Kaiser-Königlich-Apost. Mayestät ihre Klagen zu Füssen zu legen. Die Nation konnte leicht einsehen, daß Euer K.-K.-A.-M. bloß aus Allermildester Vorsorge ihren (!) Unvermögen zu statten kommen u. durch die Errichtung dieser Stelle die Bezahlung ihrer Schulden unvermerkt und ohne daß sie darbey leyden dörffte, zu bewirken geruhet. Sie trug mir also auf, Euer K.-K.-A.-M. nebst dem Ursprung der Schulden, die sie in den Unruhen der älteren Zeiten, und in die unerschwendtlichen (!) Abgaben sehet, davon sie viele als Merkmahle ihrer thätigen Treue gegen Euer K.-K.-A.-M. Allerdurchläuchtigstes Ertz-Hauß anzusehen sich erkühret, auch allerunterthänigst vorzustellen, daß das Directorium die von ihm gefasten Erwartung keinesweges erfülle, indeme nicht allein die Arth seiner Haushaltung dem Kontribuenten schwer falle, und ihm die Nutzungen entzöge, die zum Anfkommen seiner beßeren Nahrung notewenig und der Natur seiner Freiheit gemäß wären; sondern daß es auch durch die häuffigen Wirtschaffts Bedienten, und Besoldungen die Erzeugniße so wohl der von ihro Directorio angeordneten Gefälle, den gröstentheils aus der Hand der Contribuenten kamen, und vor Abgaben gehalten werden konnten, als nicht wieder die Einkünffte von den unschuldigen, und lange vorher durch eigenen Fleiß der Nation eingerichteter Wirtschaften wegnehme, erschöpffe, und von der Absicht der Schuldentilgung ableite. Sie trug mir auf Euer K.-K.-A.-M. fußfällig vorzustellen, daß sie von freyen (!) Willen, ungedrungen, bloß von dem Trieb der eigenen Erhaltung geführet, wider beßeren Jahren einen großen Theil ihrer ehemaligen Schulden bezahlet, daß sie jetzo, da Euer K.-K.-A.-M. Weißheit und Fürsorge der Willkühr und der Übermacht, zwar Uhrsachen, denen sie ihr ganzes Unglück zuschreibt, Schranken gesetzet, und allenthalben eine billige Gleichheit eingeführet, den Rest der Schulden bald und völlig abtragen werde. Sie schlug zu dem Ende zwey Quellen vor; eine, die Beybehaltung der unschuldigen gemein (!) Wirtschaften, welche sie durch Fleiß noch mehr zu erheben, u. zu erweitern versprach: die zweyte, den guten Willen der Contribuenten, den nehmlich, welchen das Gefühl seiner Kräffte, die Betrachtung der gesegneten und ruhigen Zeiten, die Zärtlichkeiten von seine Nachkommenschaft. Der natürliche Trieb, seine Umstände zu erleichtern, bestimmen, und zur Bezahlung seines Antheils an den gemeinen Schulden fortreißen würden. Keine Aufflagen, keine Einmischungen des Beamten sollten hierbey statt haben, sondern ein jedes Dorff, eine jede andere Gemeinde würde nach ihren Umständen, einen selbst beliebten Theil derer auf sie gefallenen Schulden übernommen u. jährlich abgezahlet haben. – Dieses erkühnete sich die Nation fußfällig zu bitten, und faste die sichere Hoffnung aus beyden Quellen alle Jahre wenigstens 100 000 Fl. entrichten zu können. Ich gründete meine allerunterthänigste Äußerung auf diese Hoffnung, und ich darff es nicht in Abrede stellen, dass ich nicht auch jetzo in den Gedanken stünde, die Sächsische Nation werde, wenn sie die Gerichte Gottes nicht mit Land-Plagen heimsuchen, ihre treu gehorsamste Zusage zu ihnen (!) eigenen Besten aus beyden Quellen erfüllen. Es ist mir zwar nicht unbekannt, daß sie das abgewichene Jahr mit der gantzen Summo nicht aufgekommen, sondern kaum bey der Helffte stehen bleiben müßen, allein der Anfang ist in allen Sachen schwer, wie leicht verlauft nicht ein Jahr, ehe man alles auseinander klauben, Einrichtung (!) treffen und die getroffenen in Gang bringen kann. Vieleicht wird das Directorium nicht zeigen können, daß es von dem Anfang seiner Haushaltung bis zu dem Ende derselben aus eigener Wirtschaft von den gemeinen Schulden nur so viel abgezahlet habe, als die Nation in dem verfloßenen ersten Jahre gethan hat; ich aber bin gewiß, und werde durch sichere Nachrichten noch täglich mehr überzeugt, dass in dem jetzigen 1763ten Jahre bereits 50m Fl. abgezahlt und bis zu dem Ende desselben wiederum ein nahmhafftes entrichtet werden solle.
Euer K.-K.-A.-M. geruhen diesen Vorgang Allergnädigst in Erwegung zu ziehen, u. der Nation in Gnaden allermildest zu gedenken. Euer K.-K.-A.-M. geheiligster Befehl scheinet in zwey Stücken meinen allerunterthänigsten Bericht zu erfordern. In Absicht auf meine treu gehorsamste Äußerung, die Nation würde von ihren Schulden jährlich wenigstens 100m Fl. zahlen können, habe ich die Gelegenheit und die Uhrsache, welche mich darzu veranlaßet, Fußfällig vorgestellet. Es ist noch die Auskunfft übrig, die ich über die Berichte, als wenn unter dem Vorwand der Schuldentilgung der Contribuent mit Aufflagen wieder Euer K.-K.-A.-M. allerhöchstes Untersagen bebürdet würde, allerunterthänigst geben soll. Als Euer K.-K.-A.-M. die allerhöchste Gnade hatten, auf das fußfällige Flehen der treuen sächsischen Nation die Haushaltung des Directorii einzustellen, und die Sorge der Schulden Zahlung der Nation allermildest einzubinden, so geruheten Allerhöchst dieselben zugleich allergnädigst zu untersagen, daß die Nation dieserwegen die Contribuenten mit keinen Aufflagen bebürden solte. So wie ich die DenkungsArth der Sächsischen Nation kenne, so vermuthe ich nicht, daß sie entweder zusammengenommen oder jemand ins besondere sich unterstanden hätte, dieses Allerhöchste Verboth zu übersteygen. Aus Begierde sich dadurch Euer K.-K.-A.-M. allerhöchsten Vertrauens würdiger zu machen, daß sie gleich zu der Schuldentilgung werkthätig Hand anlegete, weiß ich, daß sie bey Einreichung des Verzeichniß ihrer durch das verfloßene Jahr bezahlten Schulden zugleich vorstellete, daß Dorffschafften, und Gemeinde um den Antheil der auf sie fallenden gemeinen Schulden bäthen, und selbigen theils aus ihren zurückgegebenen Wirtschaffts Gefällen, theils durch freywilligen Beytrag zu entrichten versprechen. Ich weiß, daß das Gubernium in Rücksicht auf Euer K.-K.-A.-M. allerhöchsten Verboth durchaus keine Aufflagen verstattete. Wohl aber die Meynung äußerte, daß freywillige Abträge die ihrer eigenen Willkühr überlaßenen Gemeinden um so weniger zu verhindern wären, als sie dadurch von den Schulden ehender befreyt zu Euer K.-K.-A.-M. Allerhöchsten weiteren Diensten nun noch fähiger gemacht würden. Dieses schiene nicht allein der natürlichen Freyheit, und dem eingepflantzten Trieb, seinen Zustand zu verbeßern, gemäß, sondern auch theils deßwegen notwendig, weil nicht alle Stühle und auch in den Stühlen nicht alle Dorfschafften gleiche Güter, Gründe oder andere Bequemlichkeiten haben, dergleichen gemeine Wirtschafften ohne dem armen Mann weit nachtheiligere Stürtze[2] anzuthun, angefangen; theils auch deßwegen, weil sie ohne jemandes Schaden den Gebrauch von der jetzigen ruhigen, und gesegneten Zeiten vorsichtig machen und sich und ihren Nachkommenschafft eine Last vom Halse weltzen können, welche sie bey veränderten Umständen nur noch mehr drücken würde. Zu diesem kommt noch, daß der Contribuent in seinen Nahrungsstand keinesweges geschwächet, noch in Entrichtung seiner Steuern zurück gesezte wird, sondern Er entziehet sich nur von freyen Stücken einiges zugute thun, eine Ergözlichkeit, ohne die Er leicht seyn Rang u. die Er dem beßeren Wohl der Zukunfft willig auffopffert. – Ja da viele dergleichen besonderes aber Dorffs-Schulden auf versetzten Gründen, Wiesen oder Waldungen hafften, so werden seine Genießungen und Wirtschaffts- Stand durch die baldige Tilgungen der Schulden sowohl zu eigenem als seiner Nachkommen Lasten erweitert, die Gegenstände der Contribution vermehret und das Gantze der Nation in Aufnahme gebracht. Euer K.-K.-A.-M. geruhen allergnädigst den in dieser Materie vor einigen Zeiten eingeschickten treugehorsamsten Bericht des Gubernii sich vortragen zu lassen, und allergnädigst zu erlauben, daß die Sächsische Nation, welche die Schulden Sache in der Ordnung haben wird, den Standt, der in dem lauffenden Jahr bereits abgezahlten Schulden von jeden Orth besonders ausweise und das verläßige Verzeichniß davon Euer K.-K.-A.-M. zur Allerh. Einsicht durch das Gubernium einschicken. Gott kröne E. Röm. K.-K.-A Mayestät Allerh. Regierung mit seinen (!) Göttlichen Seegen. Das flehet
Euer R. K. K. A. M.
allerunterthänigst gehorsamster
Knecht u. Unterthan
Samuel B[aron] v. Brukenthal
[1] Mit dem Zeichen „(!)“ markiert G. A. Schuller das „sic“ („so in der Vorlage“).
[2] Unsichere Lesung.
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Empfohlene Zitierweise:
Quellen zur Geschichte Samuels von Brukenthal. Aus dem Nachlass von Georg Adolf Schuller, hg. von Konrad Gündisch und Jonas Schwiertz, 2022.
URL: https://siebenbuergen-institut.de/1763-1-2 (Stand: 14. Februar 2022).
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