1768, Februar 2

1768, Februar 2, Wien: Nota Brukenthals an Maria Theresia wegen Behandlung der sächsischen Nation durch eine von der Hofrechenkammer entsandte Kommission.

 

Orig. im dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, St. R. A. 3073/767
Bezug: Biographie, 1. Bd., S. 200-204.

[Notizen des Kopisten am Anfang des Dokuments:]
Memorandum B.s an die Kaiserin 23.02.1768 (13 Bll.)
K. K. Haus-Hof- und Staats-Archiv 3073 767
v. Brukenthal

[Notizen des Kopisten am Ende der ersten Seite]
Die Untersuchung der Sächsischen National Directorial-Sachen betreffend.

[S. 1]

 

Allerunterthänigste Nota.

Euer Kayserl: Königl: Apostol: Maytt. haben allergnädigst geruhet mir diejenige Instruction zur Einsicht mittheilen zu lassen, welche die Hoffrechen-Cammer dem Buchhalter Fleischman als einem von ihr abhangenden Glied derjenigen Commission vorgeschrieben hat, die zur Untersuchung der National-Directorial Sachen allermildest aufgestellt worden ist.

Sowohl in der Instruction selbst, als in ihrer Begleitung kommen einige Gegenstände vor, die erläutert werden müssen, die es aber nicht anders, als aus dem vorhergehenden werden können, und deswegen unterstehe ich mich in daßselbe so weit, als es hieher gehört, zurückzugehen.

Nachdem Euer Kaysl: Königl: Apostol: Maytt: bey Aufhebung des Directorii oeconomici allerweisest zu befehlen geruhet hatten, daß es nicht allein von seiner geführten Haußhaltung Rechnung geben, und das rückständige daran vollenden; sondern auch über verschiedene nach und nach vorkommende weitere Fragen gehört werden solte, so entstünden aus seinen Ausarbeitungen und Berechnungen, die sich zum Theil selbst widersprachen und den dagegen gemachten Einwendungen der Sächsischen Nation, die eben diesen Mangel an sich hatten, so viele Anstände und Verwirrungen, daß beynahe keine einzige rubrique klar und deutlich blieb. Der Schulden Stand der Nation, ein Vorwurff der auf geschehenen Sachen und solchen Urkunden beruhet, die stündlich vorgewiesen werden könten, wurde eben so dunckel, zweifelhaft und ungewiß gemacht, als es der Fundus remanens, der Betrag der unschädlichen Geställe, sie selbst; und alle andre Gegenstände, die an sich schon verwickelt genug waren, immerhin werden konten. –

[S. 2] Alle von der Cantzley ergangene Verordnungen, die Vorschrifft verschiedener Tabellen, ja selbst die im Lande vorgenommene Arbeiten dienten zu nichts, als die Verwirrung zu vergrößern, den Knoten unauflosbarer zu schürtzen, und die darüber gearbeitete Decke, der Absicht entgegen, fester und dichter zu wirken; anbey aber beyden Theilen, der Nation sowohl, als dem Directorio die unseelige Gelegenheit zu geben, sich herunter zu machen und den schon eingerißenen, gegenseitigen Haß noch tieffer Wurtzel faßen zu laßen; einen Haß, der viele rechtschaffenen gerade deswegen an diesem Geschäffte Theil zu nehmen schüchtern macht, weil er sich darein gemengt hat, ob siegleich begreiffen, daß es ohne ihr zuthun niemals anders, als zum Nachtheil des Dienstes und der Gerechtigkeit wird geendigt werden können. –

Bey dieser Beschaffenheit der Sachen geruheten Euer Kayserl: Königl: Apol: Mayst: An: 1764 den 13ten Mertz die in der Begleitungs-Schrifft zuerst angeregte allerhöchste Entschließung zu schöpfen, und darinn der HoffrechenCammer nicht allein die Haupt-Gegenstände auszuzeichenen, auf die sie ihre Aufmerksamkeit richten solte, sondern ihr auch allergnädigst aufzutragen, daß sie über die Arth und Weise, wie das Geschäffte nach der weisesten Absicht am leichsten erledigt werden könte, die allerunterthänigste Gutmeynung erstatte. Was darauf vorgegangen, und wie sich die HoffrechenCammer darüber geäußert habe, ist mir unbekanndt, denn mir ist nichts, als ein unterthänigstes Promemoria des Johann Georg Normamons[1] mit der darauf allermildest erfolgten, und eben in dieser Begleitungs-Schrifft angezogenen zweyten allerhöchsten Entschließung zu Händen gekommen. Euer Kaysl. Königl: Apostol: Maytt. geruhen darinn dem Graffen v. Bethlen zu befehlen, daß er alle in das Directorial-Geschäffte einschlagende Urkunden und Berichte, sie mögen eingegangen seyn, [S. 3] oder noch eingehen, der in publicis aufgestellten Commission übergebe, damit sie solche aufnehmen, und daraus die vorgeschriebenen Erläuterungen pünktlich erstatten können. Die Cantzley solte hernach ihrer Arbeit folgen, und eben auch über jeden Gegenstand ihr Gutachten Ihro Kayserl: Königl: Apostol: Mayst: zu Füßen legen.

Die Comission unternahm die ihr allermildest aufgetragene Arbeit mit so vielem als wahrem Eiffer, und da es sich eben unter dieser Zeit fügte, daß ihr der Hoffrath Cserei zugetheilet wurde, und der Hoffrath Buchberg zu der angefangenen Untersuchung mit zugezogen werden solte, so lag sie ihr mit so vielem Fleiß und unermüdeter Arbeit ob, daß nichts, als die Unvollständigkeit der Acten ihre völlige Vollendung aufhalten konte. Sie erörterte das widersprechende in denen gegenseitigen Arbeiten allenthalben und löste alles mit der grösten Genauigkeit auf, waß sich nur immer aus den hier gegenwärtigen Urkunden und Berichten auflösen ließ; den dunkeln rest samlete sie, und bestimte ihn zu einer weitern Untersuchung; wie solches alles theils aus der Ausarbeitung selbst, theils aus den allerunterthänigsten Vorträgen, die darüber erstattet worden sind, deutlich erhellet.

Diese und dergleichen Schwierigkeiten, welche die Commission auf dem Wege zu dieser Untersuchung antraff, und aus der Erfahrung täglich fand, überzeugten sie je mehr und mehr, daß gedachter rest durch nichts anders als eine sehr genaue Einsicht und Gegeneinanderhaltung der Rechnungen und Beweise, auf die sich beyde Theile wechselsweise bezogen, würden berichtigt werden können, und daß es also unumgänglich nöthig wäre, eine Commission in dem Lande selbst aufzustellen, welche die Unvollständigkeit der Akten ergäntzete, die Urkunden zur Prüffung und Beurtheilung der Widersprüche zusammensuchte, und dadurch die hiesige Stelle in den Stand setzete, nicht [S. 4] allein die übriggebliebenen Lüken der Ausarbeitung auszufüllen, sondern auch alle andre Stücke der allerhöchsten Entschließung genau zu befolgen, und Euer Kayserl: Königl: Apostol: Mayst: ein gantzes in seinem vollen Zusammenhang zu Füßen zu legen. Ohnerachtet nun in einer mitlerweile herabgelangten allerhöchsten Entschließung befohlen worden, daß die weitere Untersuchung hier von der Hoffrechen-Cammer vorgenommen werden solte; so geruheten Euer Kayserl: Königl: Apostol Mayst: dennoch hernach den allergetreuesten Vorschlag dieser Stelle in Gnaden anzunehmen, und nicht allein die angetragene Commission in dem Lande anzuordnen, sondern auch das, in der Begleitungs-Schrifft als die dritte allerhöchste Entschließung angezogene Rescript zu begnehmigen. – In Verfolg dieses Rescripts wurden darauf die Comissarii in Siebenbürgen ernennet, und durch das Gubernium von der allerhöchsten Willens-Meynung und den zu dem abgezweckten Erfolg genau abgemeßenen Mitteln unterrichtet; die Hoff-Cammer wurde angegangen, den Buchhalter Fleischman als ein ihr untergebenes Glied dahin anzuweisen, und man theilte ihr auf eigenes Ansuchen das der Commission zur Vorschrifft vorgelegte Rescript in seinem gantzen Innhalt mit. Der Calculator Jung, welcher der Commission mit beywohnen solte, war indeßen zu einer andern Bestimmung abgeruffen worden, und die Sachen blieben in einem Stand, der mir die beruhigende Hoffnung vergönte, es wäre durch die Leitung Euer Mayestät allerweisesten Entschließungen endlich einmahl ein sicherer Weg geöffnet worden, die Wahrheit zu finden, und den Kleister wegzuthun, der sie auch dem scharfsichtigsten Auge entrücket und so verunstaltet, daß sie in einem so wenig bekanndten Gebiethe sehr leicht verkennet werden kann. Ich erwartete den ersten Schritt auf diesem Wege mit vieler Sehnsucht als eine allerunterthänigste Vorstellung des Gubernii anlangete, und einer [S. 5] in der kaum angefangenen Commission über die dem Fleischmann ertheilte Vorschrifft entstandenen Streitigkeit ersehnete, die ihrem Vortgang durchaus gehemmt hatte. Euer Kayserl: Königl: Apostol: Mayst: geruhen allergnädigst zu gestatten, daß ich vorher einige Umstände dieser Vorschrifft, als die Gelegenheit der entsprungenen Streitigkeit berühren dörffe, und denn sie selbst erörtern. Ich unternehme diese Arbeit lediglich aus Gefühl der allerunterthänigsten Pflichten, die mich an Ihro Kayserl: Königl: Apostol: Mayst. allerhöchsten Dienst hefften, ohne Partheylichkeit, aber freymüthig und unterdrücke alle dagegen aufsteigende besorgliche Betrachtungen.

Die Hoffrechen-Cammer nimmt zu dem Grund der von ihr entworffenen Instruction, auch diejenige allerhöchste resolution an, welche sie oben zuerst angeführet hat, und zieht dannenhero etwas zu, das sie gantz allein angieng; das der Cantzeley vorher völlig unbekanndt war, und also ihrer Vorschrifft ohnmöglich eingeschaltet werden konte. Die aufgestellte Commission bestehet bis auf den eintzigen Fleischman aus lauter provincialisten; ihr Gegenstand betrifft die Nation und das Directorium oeconomicum; zwey Cörper, die zu der provincial-Gerichtsbarkeit gehören; er gehet Gefälle und Wirtschaften an, die der Aufsicht der Cammer nie untergelegen; lauter Umstände, wie mir scheint, welche es veranlaßen gekont, daß die Vorschrifft des Fleischmans entweder vorher mit der Cantzeley gemeinschaftlich entworffen, oder ihr wenigstens verfaßt zur Einsicht mitgetheilt worden wäre. Dieses hätte nach dem zwischen Stellen gewöhnlichen Einvernehmen vielleicht um so mehr geschehen können, weil nicht allein das angezogene Rescript, in dem die gantze Instruction der Commision enthalten ist, in den Händen der Hoffrechen-Cammer war; sondern weil es auch leicht vorgesehen werden konte, daß die mindeste Verschiedenheit in denen Vorschrifften gerade deswegen, [S. 6] weil die Commission nicht von einerley Leuthen zusammengesezt war, Anstände nach sich ziehen würden, die der gehegten Absicht zum Nachtheil gereichen dörfften. Man kann daraus, wie mir deucht, daß der Hoffrechen-Cammer die Superrevision der angezeigten Rechnungen vorbehalten worden, keinesweges folgern, daß die politischen Stellen vollig davon ausgeschlossen bleiben solten; auch nicht, daß sich der Proxes[2] und die übrigen Glieder der aufgestellten Commission nach der Vorschrifft eines eintzigen derselben achten solten; noch weniger, daß der Fleischman allein, deßen Geschäffte hauptsächlich der Calculus seyn kann, die Beurtheilung der Titulorum lediglich an sich ziehen, und in einem ihm sehr fremden Geschäffte die Beurtheilung der einheimischen verdringen solte. Bey der Instruction selbst entstehen einige Bedencken, die ich allerunterthänigst anzeigen muß. Die Menge der Tabellen wird meinem Dencken nach die Untersuchung ins weitläuffige treiben, ohne ihr auch nur einen Grad der Deutlichkeit mehr zu ertheilen; verschiedene Äußerungen aber, die entweder in der Instruction oder in denen Aufschriften der Tabellen vorkommen, können Anlaß geben, ihre Auslegung dahin zu wenden, als wenn das Directorium zum voraus schon recht und die Nation unrecht hätte. Ich übergehe indeßen dermahlen beydes und finde nur vor bedenklich, daß dem Fleischman puncto 1mo aufgetragen werde, in Sachen, worinnen er von der Meynung der Commission abgehen wird, nach genommener gründlichen information sein Gutachten expost schrifftlich ad Prothocollum einzureichen; es stehet ohnehin allen Beysitzern frey, ihre vota schrifftlich zu geben; das ex post also würde entweder überflüßig seyn oder die Folge nach sich ziehen, daß die von ihm angeführte Gründe entweder nur einseitig heraufkommen, oder aber von den übrigen Beysitzern [S. 7] auch expost beantwortet werden müsten, welches freylich nicht allein die Arbeit aufhalten, sondern auch zur Uneinigkeit Gelegenheit geben würde. Ich finde es noch bedenklicher, daß eben diesem Fleischman puncto 2do vorgeschrieben werde, er solle in magis arduis sein Gutachten suspendiren, und die quaestionem cum rationibus pro et contra der Hoffrechen-Cammer einberichten; auch von ihr die weitere Verhaltungs-Befehle erwarten. Außer der Langsamkeit, welche diese Verordnung hervorbringen muß, hebt sie auch den gantzen Endzweck der aufgestellten Commission auf, und macht ihre Arbeit einseitig; denn wenn nicht der Fleischman, sondern die Hoff-Stelle, die hernach zur superrevision concurriren soll, das Gutachten gibt, wenn sie selbst die Meynung vorschreibt, die ihr Commissarius geben soll; so sieht man wohl, daß sie sich selbst vorgreiffe, daß die Arbeit der Commission nur verstümmelt und halb herauf gelangen könne, und daß sie hernach über ihre eigene Meynung nicht zu urtheilen vermöge. Die Commission soll sich mit geschehenen Dingen beschäfftigen; mit Dingen, deren Bestand oder Unbestand auf Rechnungen und der Arth Urkunden ruhet, die ihr vorgelegt werden sollen; sie soll die Einsicht von allem nehmen; wenn aber das geschieht, so ist die Vermuthung verläßlich, daß derjenige, der alle diese Hülfs-Mittel vor Augen hat, seine Gutmeynung darüber weit richtiger werde geben können, als sie ein anderer viele Meilen davon, ohne alle andre Hülffe, bloß von dem Bericht des nemlichen geleitet, der sein Gutachten geben solte, vorschreiben wird. Die Hoff-Stellen sollen über das gemeinschafftliche Gutachten der Commission urtheilen, in welchem vieleicht eine Meynung der andern das Licht anzünden kann; ein Vortheil, den ein einsei- [S. 8] tiger Bericht nie geben wird. Bey dem 3ten Punckt finde ich bedenklich, daß verordnet werde, der Fleischman solle alle dasjenige, so in loco verläßlich nicht erörtert werden kann, ad prothocollum bringen, damit nach eingesandten Acten das hier befindliche ehemalige Directorial personale allenfalls über die weitere standhafte Erörterung vernommen werden könne. In Siebenbürgen waren bey erfolgter allerhöchsten Entschließung drey Directorial Beysitzer zugegen nebst dem Registratore und dem niedrigen personale; hier nur ein Beysitzer nebst dem Actuario, die es beyde gestehen werden, daß sie das, was sie von dem Lande und den Verfaßungen wißen, von denen in Siebenbürgen befindlichen Beysitzern erlernet haben. Ueberdas sind in Hermannstadt die gegenseitige Rechnungen beyder Theile; es sind die Urkunden da, aus denen die Widersprüche erläutert und erklärt werden sollen; warum also sollen weder diese, noch die Siebenbürgische Beysitzer, sondern gerade das hier befindliche personale dazu gezogen werden? Dieser Antrag scheint über das auch dem Zweck der Commission und der Ordnung entgegen zu seyn; denn weil sie Commission die Acten werkthätig einsehen und über die dunkeln oder streitigen Stellen allenfalls beyder Theile hören und ihre Behelffe prüfen soll; weil sie hernach darüber urtheilen und ihre daraus entstandene Meynung herauf gelangen laßen soll; so folgt es von selbsten, daß die einseitige Erörterungen des gedachten personalis weder vor Urkunden und Rechnungen, noch vor das gemeinschaftliche Gutachten der Commission geachtet werden können, so folgt es, daß dasjenige worüber die Commission drinnen nicht erkanndt hat, noch erkennen können, hier nicht superrevidiert werden möge. Ich finde es endlich nicht unbedenklich, daß dem Fleischman bey dem 4ten punkt aufgetragen [S. 9] werde, er solle paria von allen Commissions-Prothocollis und Ausarbeitungen in forma arthentica der Hoffrechen-Cammer einschikken, und den eingeschickten seine Anmerkungen zu setzen; daß ihm bey dem 5ten punct aufgegeben werde, er solle eben ihr Hoffrechen-Cammer denjenigen der einige Einwendung wider diese ihm vorgeschriebene Instruction machen würde, mit der Einwendung selbst und ihrer Ursache anzeigen. Wenn Euer Kayserl: Königl: Apostol: Maytt. der Hoffrechen-Cammer die superrevision gemeinschaftlich mit der Hoff-Cantzley auferlegen; so deucht mich, würde dieser Auftrag entweder überflüssig seyn oder eine Arth des Mißtrauens anzeigen, welches man doch auf keine Weise zu verdienen glaubet. Jenes darum, weil ihr alle eingehende Berichte in ihrer völlige Masse und mit allen Beylagen übergeben werden werden. Dieses deswegen, weil es das Ansehn haben kann, als wenn die eingeschickten Acten mit den übergebenen vergleichen, und zusammen gehalten werden wolten. Die besondern Anmerkungen des Fleischmans, die er auch hier beyrücken soll, lencken das Geschäffte von dem gemeinschaftlichen wieder ab, und verwandeln ihn in jemanden, der gegen die übrigen Theil zu nehmen scheint. Die befohlene Anzeige desjenigen, der wider die Vorschrifft Einwendungen macht, ist in dieser Arth Verordnungen ungewöhnlich, neu und schränckt, wenn sie bekanndt wird, die Freyheit der Commissarien ein. Ich darff mir schmeicheln, daß Euer Kayserl: Königl: Apostol: Maytt. eine gute Wahl getroffen, und Männer zu der aufgestellten Commission zu ernennen geruhet haben, die dem allerhöchsten Dienst allen andern Betrachtungen vorziehen und völlig unpartheyisch sind. Ueberdas aber kommt es nicht darauf an, wer die Einwendungen macht, oder gemacht hat, sondern ob sie gegründet sind, und von der Sache veranlaßet, in ihr selbst liegen, oder aber nur [S. 10] durch gezwungene Wendungen herausgeholet geworden? Dieser Auftrag sowohl, als die vorher durchgegangenen wären indeßen wahrscheinlicher weise weg geblieben, wenn die Hoff-Cantzeley zu der Einsicht der Vorschrifft, ehe sie dem Fleischman zugefertigt worden ist, zugelaßen worden wäre, und an diesem Umstande liegt die zwischen denen Gliedern der Commission entsprungene Streitigkeit, welche den Vortgang ihrer Arbeit gleich bey dem ersten Anfang unterbrochen hat, und noch immer aufhält.

Es ist noch übrig von den nähern Veranlaßungen zugedachter Streitigkeit und ihrer eigenen Umständen zu handeln, und dahero erkühne ich mich den gantzen Vorgang, so wie er aus den nebenlagen erhellet, alleruntherthänigst hieher zu setzen. Der Fleischman hatte in dem ersten Sitz der Commission zu erkennen gegeben, es seyn ihm von seiner Behörde eine besondere Instrukzion zugekommen, welche nicht allein umständlicher verfahre, als das von dem Gubernio ihr zugefertigte Rescript, sondern auch eine richtige Arth vorschreibe, wie die Geschäffte in ein größeres und helleres Licht gesezt werden könten. Die Commission hatte diesen Antrag gutwillig angenommen und ihm nicht allein den Bescheid gegeben, ihr in dem nächsten Sitz die weitere Auskunfft darüber vorzulegen, sondern sich auch erbothen, dasjenige daraus, was dem allerhöchsten Rescript nicht entgegen seyn werde, und die Absicht befördern könne, ohne Anstand an die Stühle und Kreyse zu erlaßen. Der Fleischman hatte darauf in der zweyten Versammlung der Commission einige der ihm zugeschickten Instruction beygelegte Tabellen sub lit: A. B. C. et. D. vorgewiesen, und den Theil der Instruction, der sie erklärt, vorgelesen Weil die provincial Beysitzer aber daraus gewahr wurden, daß in diesen vier Tabellen dasjenige nicht stünde, was in dem Rescript zum Haupt, und vorzüglichsten Gegenstand ihrer Arbeit [S. 11] ausgezeichnet worden war, weil sie sahen, daß in denselben von demjenigen keine rede war, mit dem man doch nach ihrer Vorschrifft von allen Dingen den Anfang machen solte; weil es ihnen endlich in die Augen leuchtete, daß die Fleischmanische Vorschrifft eine gantz andre Ordnung bestimme, und beynahe mit dem aufhöre, womit das Rescript anzufangen befielet und dadurch die schon gemachte Anstalten vereitle; so erregte zurecht der Graff Nemes und der Secretarius v. Cserei einigen Anstand dagegen, alle übrige aber erklärten sich einhellig, daß sie von der Richtschnur des ihnen durch das Gubernium zugekommenen allerhöchsten Rescripts in so lange nicht weichen würden, bis sie durch den gewöhnlichen Weg eine andre Vorschrifft erhalten hätten, und das um so mehr, weil die darinn befohlene Ordnung die natürlichste seyn, und gerade zu dem allerhöchsten Zweck leite. Der Fleischman weigerte sich von seiner Vorschrifft abzustehen, und damit gerieth die kaum angefangene Arbeit in Stecken. Ich erkühne mich größerer Deutlichkeit wegen den darüber eingelangten Gubernial-Bericht allerunterthänigst beyzulegen.

Ich habe mich unterstanden in dem vorhergehenden das unterbliebene mitwirken der Siebenbürgischen Hoff-Cantzeley an der Fleischmannischen Instruction als eine Gelegenheit zu der entstandenen Streitigkeit anzugeben; ich habe mich auch unterfangen, diejenigen Stellen in der Instruction selbst anzuzeigen, die ich theils vor bedenklich halte, theils so ansehe, als wenn sie der Ordnung und der allerhöchsten Absicht entgegen wären, und die Arbeit der Commission einseitig und zum Gebrauch untüchtig machen würden. Nun muß ich noch hinzufügen, daß ich die Einwendungen des Graffen von Nemes und des Secretarius v. Cserei vor vernünftig und gegründet erkenne; denn es zeigt sich bey Gegeneinanderhaltung des Rescripts und der Instruction [S. 12] gantz deutlich, daß beyde eine gantz andre Ordnung vorschreiben, und die Reihe des, das geschehen soll, verschieden bestimmen. Jenes sieht auf das schon geschehene zurücke, und befiehlt, die Commission solte im Zusammenhang damit die Ausarbeitungen der Nation mit den Ausarbeitungen des Directorii vergleichen, das gewiße herausbringen, die Widersprüche vereinen, das Zweifelhafte und Dunkle erläutern, und zu dem Ende auch die Theile gegen einander hören. Sie solte dieses alles mit so vieler Verläßlichkeit und Deutlichkeit bewerkstelligen, daß es daraus von selbst, und als der Erfolg ihrer Arbeit erhellen könne, was die Nation und ihre Stühle dermahlen schuldig sind? Waß sie vor Schulden seith Aufhebung des Directorii abgestoßen? Waß das Directorium vorher daran bezahlt gehabt? in was der fundus remanens bestehe? Waß und welch Gefälle in der Nation vor schädlich, welche vor unschädlich zu achten wären und vorbehalten werden könten? und dergleichen mehr. Man würde dem Rescript so wohl als der Commission unrecht thun, wenn man glauben wolte, sie hätten nur die 8 Jahre der Directorial-Verwaltung von 1753 nemlich bis 1761 zu ihrem Gegenstande, da doch der Innhalt des Rescripts so wohl als die Erklärung der Commission das Gegentheil sagen; da sie doch das geschehene von dem Anfang des errichteten Directorii faßen, und ihm nicht allein unter seiner Haushaltung durch 8 Jahre folgen, sondern auch nachher bis auf die jetzigen Zeiten den Augenblick der Untersuchung nemlich nachgehen sollen. Diese Instruction hingegen will, die Commission solle von An: 1761 anfangen, und bis auf gegenwärtige Zeiten fortgehen, hernach aber erst das vergangene nachhohlen und in das verfloßene zurückkehren. Es ist unmöglich zu sagen, wie weit die Nation ihren Schulden-Stand seith 1761 verringert habe, wenn man nicht weiß, was sie damals schuldig [S. 13] gewesen; die leztern Jahre sind die Folgen der vorhergehenden, und können bloß von ihnen und durch sie erläutert werden.

Wenn die Commission nach dem Rescript verfahrt, und die Arbeiten beyder Theile prüfft, und nur das erwiesene daraus annimt, so hören alle Räncke und Verdrehungen auf; die Wahrheit wird sich klar zeigen, wenn die Nation aber oder das Directorium die Tabellen ausfüllen sollen, wenn sie wieder neue Auskunfft geben sollen; so wird wieder ein neuer Auftritt mit dem Gefolge aller derjenigen unbestimmten Äußerungen erscheinen, die dem Licht und der Deutlichkeit nachtheilig sind.

Das Rescript hat befohlen, die Commision solle einen Stuhl nach seiner Vorschrifft ausarbeiten und der allerhöchsten Einsicht einschicken; es hat es auf die Gelegenheit ausdrücklich vorbehalten, dasjenige, was noch etwa abgehen würde nachzutragen; Euer Kayserl: Königl: Apostol: Maytt. geruhen also aus Liebe zur Gerechtigkeit und Milde vor ein gantzes Volck, dem die Ungewißheit seines Schicksals hart fallen muß, und deßen Beamten von der Verwaltung ihrer Pflichten, so lange diese Ungewißheit dauern wird, sehr offt abgeruffen werden müßen, allergnädigst zu befehlen, daß die Commission nach dem allergnädigst bestätigten Rescript fortfahre, und den ersten darnach geendigten Stuhl ohne Anstand zur allerhöchsten Einsicht einschicke; dann erst wird es sich zeigen, ob und was noch an der Deutlichkeit und Vollständigkeit der Arbeit fehle, und was nachgetragen oder ergäntzet werden müße; denn die Erfahrung bleibt doch allemahl die beste Lehrmeisterin.

Wien, den 23ten Februar 1768.

F. S. v. Brukenthal.

 


[1] Fehlerhafte Abschrift, korrekt: Johann Georg Graf von Honnamonn.

[2] Korrekt vermutlich: Präses.


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Empfohlene Zitierweise:

Quellen zur Geschichte Samuels von Brukenthal. Aus dem Nachlass von Georg Adolf Schuller, hg. von Konrad Gündisch und Jonas Schwiertz, 2022.
URL:  https://siebenbuergen-institut.de/1768-2-2-1 (Stand: 14. Februar 2022).

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