1768, Dezember 13

1768, Dezember 13: Nota, vermutlich Brukenthals, über die Gründung eines Commercien-Consesses zur Hebung von Handwerk und Handel in Siebenbürgen.

 

Orig. im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, St. R. A. 2972/1768.

Die Abschrift ist nicht unterschrieben und nicht datiert. Es dürfte sich um eine Zusammenfassung der Nota Brukenthals an den Staatsrat handeln, die das Staatsratsmitglied von Stupan hatte anfertigen lassen.

Bezug: Biographie, 1. Bd., S. 191f., bes. Anm. 560.

 

[Notizen des Kopisten am Anfang des Dokuments:]
Brukenthal (?)

Nota
d. 13. XII. 1768.

 

Betr. den Commercien-Consess
in Siebenbürgen

[Notizen des Kopisten am Ende des Dokuments:]

(Abschrift unter dem Kopf. Allerunterthänigste Nota des Freyherren von Bruckenthal, vom 13. des Christmonates 1768. Halbbrüchig beschrieben, 4 S;

Auf der lezten Seite steht ein Votum Stupans[1], das mit den Worten beginnt: „Durch die gegenwärtige Note hat der Baron Bruckenthal, den schlechten Zustand der Handelschaft v. den Manufacturen in Siebenb. … angezeiget“ –

Und doch wird im Context der Abschrift v. Bruk in Dritter Person gesprochen; die Noten Abschrift ist nicht unterschrieben u. nicht datiert; die Original note u. die Instruction liegen dem Akt nicht bey! Muß untersucht werden.)

[Am Rand dieses Absatzes:] „Ob v. Kaunitz?“[2]

ad. N. 2972/1768.

NB! Die Abschrift hat der nämliche Schreiber verfertigt, welcher das v. Stupan beigesezte Votum auf den Volanten Bogen überschrieb, worauf Stupan es dort nur unterzeichnete; also vielleicht ein v. Stupan verfertigtes Resumé?)

 

[S. 1]

Allerunterthänigste Nota.

Ein in den Großfürstenthum Siebenbürgen anzustellender Commercien-Consess wird die zwey Gegenstände seiner Fürsorge, die Handlung und die Manufakturen äusserst vernachlässiget und unterdrücket finden. Auf dem Lande herumziehende Krämer, kaufen den rohen Stoff auf, der dem Handwerker zu seiner Arbeit nothwendig wäre, und verkaufen hingegen fremde, und schlechte, aber so wohlfeile Waaren, dergleichen der einheimische Manufacturant niemal liefern kann. Eine andere Gattung Handelsleute, die meistens mit der Turkischen Unterthanen verwandt sind, haben die ganze Handlung mit dem notwendigen fremden Stoff, dergleichen Baumwolle, Corduan[3], u. a. m. sind, an sich gerissen, und erhöhen den Preis ihrer Waare so, wie es ihrem Wucher am verträglichsten vorkömmt. Die sonst so heilsamen Verfügungen der Contumaz[4] sind ihnen dazu verhülflich, da sie die Freiheit der Handlung hindern. Kein Siebenbürger kann jemals einen Theil dieser Handlung an sich bringen, weil diese Handelsleute, durch ihre in dem Türkischen ansässigen Verwandten, den dortigen armen Unterthanen schon vorher allen Stoff abdrücken. So muß der Siebenbürgische Handwerksmann schon bey dem Einkauf des Stoffes einen Theil seines Gewinnes aufopfern!

Durch diese Hindernisse sind die Manufacturen auf so wenige und unwichtige eingeschränket, daß die Handwerker unter sich solche Verfügungen zu machen veranlasset worden sind, die zwar für sie, um noch etwas Brodt zu verdienen, nothwendig schienen, aber den Verfall der Handarbeiten beschleunigten. Sie beschränkten nämlich die Zahl ihrer Gesellen und Lehrlinge, welches den Fleiß und den Wetteifer unter ihnen selbst stumpf machte.

Endlich ist auch zum Theil die Beschaffenheit der Landeseinwohner an diesem üblen Zustand schuld. Die meisten arbeiten nur so viel, als sie brauchen, machen aber auch fast alle ihre Nothdurften selbst bey sich zu Hause. Welches nothwendig sehr wenige Nahrungs wege, und einen sehr kleinen Umlauf des Geldes nach sich ziehet.

Die Handwerke und Künste werden fast nur von der Sächsischen Nation gepflegt. Den Handel in (!) kleinen haben die Armenier fast ganz [S. 2] an sich gezogen. Den Großhandel mit Wolle, und Häuten, führen fast nur Griechen, und Türkische Unterthanen. Von dem Viehhandel nähren sich einige Bulgaren, Armenier, und Türkische Unterthanen, die sich auch nebst einigen Sachsen, mit dem Wachshandel abgeben. Diese beyden Zweige sind die einzigen, die etwas Geld in das Land bringen; ausser daß wenige Handwerker, als die Grautüchler, die Leineweber, die Schäßburger Weberer (!), die Cronstädter Drechsler, und Seilmacher, auch etwas Waaren in andere Länder liefern.

Da jede Nation, ja jeder Kreis, nur sich als das Mittelpunct aller seiner Absichten, ansiehet; denket keiner auf den allgemeinen Vortheil. Der gegenwärtige, obschon kleine Nutzen, wird dem entfernteren größeren vorgezogen; und die Verschiedenheit der Gerichtsbarkeiten macht, daß nicht leicht Anstalten für das Allgemeine getroffen werden.

Alle diese Hindernisse wird der neue Commercien consess, aus dem Weg zu räumen suchen. Er wird die Fessel des Alleinverkaufes zerreissen, und die Krämer und Handwerker auf solche Art zu verbinden wissen, daß sie sich wechselweise zu beyder Besten, die Hände bieten werden. Er wird zwar immer den höchsten Grad der Handlung, dessen Siebenbürgen fähig ist, zum Ziel haben; er wird aber nicht Alles auf einmal mit Gewalt richten wollen, damit nicht alles gehemmt werde. Er wird die Commercial-zünfte zu leiten wissen, ihre veralteten Misbräuche abschaffen, und Mittel finden, ihnen das nöthige rohe Materiale, auf die wohlfeilste Art, und in der besten Gattung in die Hände zu liefern. Er wird den Wetteifer erwecken, den Verschleiß erweitern, und obschon die Mängel der Policey sein Gegenstand nicht sein werden; so wird er doch auf die Abstellung derselben, wegen ihrem Einfluß in die Handlung, dringen.

Ein großes weitschichtiges Werk! nur ist zu besorgen, daß gleich Anfangs wenige dem Werk gewachsene Männer zu finden seyn werden. Jedoch es ist zu hoffen, daß in der Folge, mehrere geschickte Leute werden erwecket werden.

Es ist unmöglich, dieser Commerciencommission auf alle einzelne Fälle Vorschriften zu ertheilen. Weil sie aber doch ein gewisses ausgestecktes Ziel haben muß, hat der B. Bruckenthal, der für sie verfertigten Instruction einige allgemeine Sätze vorausgesezt. [S. 3]

Die Instruction selbst ist die nämliche, als jene, für den Nieder-Oesterreichischen Commercienconsess, nur nach den Siebenbürg. Umständen angewendet. Diese Instruction könnte eben so, wie es mit der Crida[5] und Wechselordnung geschehen, dem kön. Gubernio zu Erstattung eines Gutachtens eingesendet werden; vielleicht aber wird es besser seyn, zu diesem Ende, eine eigne Commission unter dem Vorsitze des Gubernialrathes Baron v. Bánffy[6], anzusezen, welcher der neue Gubernialrath Baron v. Möringer[7] der Secretär von Hannenheim[8], zwey Rathsverwandte aus Hermannstadt, und Daniel v. Seeberg[9] als Actuarius beygezogen werden könnten. Es könnte auch der Hofcammer aufgetragen werden, einen Rath vom Siebenb. Thesaurariat zu dieser Commission zu bestimmen. Ueber die Wahl der Subjecte, zu dem Commercienconsess selbst, ist es auch rathsam, das Gubernium zu vernehmen, wie es bey anderen derley Gelegenheiten geschehen ist, weil es sich dadurch gleichsam für die Tauglichkeit dazu ernennender Personen verpflichtet.


[1] Anton Maria Stupan von Ehrenstein.

[2] Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg.

[3] Weiches Leder, ursprünglich in Cordoba gefertigt.

[4] Quarantänestelle.

[5] Kredit.

[6] Dionys Graf Bánffy.

[7] Lambert von Möringer.

[8] Stephan Hann von Hannenheim.

[9] Danirl Christoph Wanckel von Seeberg.


Download des PDF-Dokuments

Download des Originals als PDF

 

Empfohlene Zitierweise:

Quellen zur Geschichte Samuels von Brukenthal. Aus dem Nachlass von Georg Adolf Schuller, hg. von Konrad Gündisch und Jonas Schwiertz, 2022.
URL:  https://siebenbuergen-institut.de/1768-12-13-1 (Stand: 14. Februar 2022).

© Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde e.V.

Alle Rechte vorbehalten.

Scroll to Top