1773, Juni 7 [Mediasch]: Michael Conrad v. Heydendorff berichtet Brukenthal über den Besuch Kaiser Josephs II. in Mediasch.
Konzept im Heydendorffschen Familienarchiv.
Bezug: Biographie, 1. Bd., S. 296.
Druck: Friedr[ich] Wilhelm Seraphin: Aus den Briefen der Familie v. Heydendorff (1737-1853). In: Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde 25 (1894), 1, Nr. 86, S. 111-113.
An des Wg. Herrn Kantzlers Baron von Bruckenthal’s Excellentz d. 7 Junii 1773.[1]
Unterthänig vermuthend, daß es Euer Excellenz nicht ungnädig aufnehmen, von dem Bezeigen der hiesigen armen Stadt bey der Durchreise Allerhöchst Ihro Keyserlich. Mayestät[2] durch dieselbe durch mich einige Nachricht sich unterthanig geben zu laßen, erkühne ich mich Euer Excellentz zu berichten, daß, nachdem Allerh. I. M. die Nacht zwischen dem 1. u. 2. dieses in Ebesfalva in dem Hause des dasigen Kaufmanns Martin Gaspar zugebracht u. den folgenden Tage (mit einem eintzigen Wagen, in dem I. M. durch theils schon voraus theils zurück war, den eintzigen General Nostitz Exc. im Wagen bey sich habend) in der Früh die Armenische Meße angehört, so kamen Allhst dieselben um 9 Uhr an die Gräntzen des hiesigen Stuhls über die neue Ebesfalver Kuckel Brücke herüber, allwo ich Ihro K. M. als von Süden des hiesigen Stuhls vorausgeschickter Magistratual Commissarius allerunterthänigst erwartete. Allerhöchst Ihro Mayestät nahmen mich nicht nur allergnädigst an u. erlaubten mir Allerhöchst dieselbe zu Pferde neben dem Wagen zu begleiten sondern gewährten auch gar bald Fragen von entscheidenen Dingen Allergnädigst an mich zu thun. Durch dieses Allergnädigste Allerhuldreichste und das in- [S. 2] nerste Gefühle treuer Unterthanen rührend bezeigen des Monarchens ermuntert, unterstunde ich mich, Allerhöchst Ihro M. von einem Hiebel[3] im Wege, welcher eine bequeme Außsicht über den Ebesfalver und Sarosser Hattert verbreitet, die zwischen Ebesfalva und Sáros wegen Außgrabung eines neuen Alvei auf Sároser Hattert entstandene Differentz Allerunterthänigst zu declarieren u. zugleich den Orth allerunterthänigst zu zeigen, welcher der Communität Sáros von den Ebesfalver Hattert, falls die Außgrabung des Alveis vor nothwendig erachtet würde, als im Aequivalent zu beyder Communitäten Behuff exscudiert werden könnte. Wobey ich denn die Allerhöchste Gnade hatte I. K. M. allerunterthänigst vorzustellen, daß Ebesfalva den Kuckel Fluß durch Befestigung seiner Ufer ohne viele Mühe in dem Alveo erhalten könnte, in welchem derselbe nach dem Augenschein Jahrhunderte ohnverändert gefloßen, und daß also die Außgrabung eines neuen Alvei zum Schaden eines Nachbarn nicht nöthig seye. Der Allergnädigste Monarch hörete mich mit derjenigen königl. Hulde u. unaußsprechlichen Gnaden, die mir biß in den letzten Augenblick meines Lebens tief in meine Seele eingedrückt bleibt, und befragten mich um die Gründe, womit die Armenier die Nothwendigkeit dieses Alvei vorgebeten, welches ich Allerh. I. M. allerunterthänigst berichtete. Ihro Majestät sageten mir hierauf auf das Aller- [S. 3] gnädigste, daß Sie die Armenier den Tag auf ihre Kuckel Ufer geführet hatten. Nachdem I. M. den von mir gezeigten Orth genau betrachtet, sageten mir I. M. auf die Allergnädigste Arth, daß Allerhöchst dieselben meine Declaration vernommen hätten.
Auf dem weitern Wege biß herunter wurden Allhst. I. M. unter unzehligen andern Memorialien auch von denen zum Küküllövarer Dominio gehörigen Bonnesdörfer Sächsischen Jobbagyen nebst einer Bittschrift auch mündliche schwere Klagen wieder die Härten des Herrschaftlichen Praefecti Kadar Moyses vorgebracht, über deren Anhörung I. M. sehr gerühret wurden u. Sich gegen mich in diesen Worten Allergnädigst außdrückte: Das sind sehr harte Klagen.
Als I. M. weiter in den zum hiesigen Stuhl gehörigen Dorf Pretaj ankamen, wovon ich I. M. auf dem Wege Allerunterthänigst gesagt hatte, daß deßen Castell u. Kirche wegen eines steilen Ufers in großer Gefahr stünde, so übernahme der Allertheuerste Landes-Vater die Mühen, stieg aus dem Wagen u. gingen selbsten auf das steile Ufer, besehn die Gefahr u. Rüße der Castell-Mauern außwendig und gienge sogar auch in das Castell u. in die Kirche hinein, die dieserwegen führende Klagen der armen Dorfsleuthe von ihnen selbst allergnädigst anhörend.
Endlich gelangten I. M. glücklich in die hiesige Stadt[4], in welche Allhstdieselbe unter [S. 4] tausend mit Trähnen begleiteten Seegens Wünschen der hiesigen Inwohner, ihrer Weiber und Kinder im Waagen stehend und sich dem von der Majestät u. Hulde des Monarchens gerührt u. gantz entzückten Volckes zeigend. Allerhöchst I. M. stiegen auf den hiesigen Marckt ab, besahen das hier bequatirte vor dem Hause der hiesigen Patres Piaristen in Glieder gestellte Artillerie Chor, allwo sich Allerhöchstderselbe der hiesige Magistrat und Geistlichkeit beyderseits Religionen vorstellete, und giengen sodann gerade in das am Ende der Stadt gelegene Militär Spital, allwo Allerhöchstdieselben etliche Reconvalescierte Artilleristen, die eben ihre Mittag-Mahlzeit sitzend hielten, fande und sich vor ihrem Tische stehend eine Weile mit ihnen unterhielte. Von hier begaben sich I. M. auf dem Marckt zurück und saßen vor meines Vaters Hause zur Abfarth wiederum in den Wagen.
Es geht weit über meine Fähigkeit u. es hat auch noch die Sprach-Kunst keine Wörter erfunden, diejenige Empfindungen der Liebe u. wenn ich so reden darf, des Vertrauens des hiesigen armen Volcks außzudrücken, welche der Anblick u. das Allergnädigste Betragen I. M. in denen Hertzen der hiesigen Bürger, die seit Königs Wladislai[5] Zeiten keinen Monarchen in ihren Mauern gesehn haben bewircket hat. Aller Orten sahe man die Außbrüche der tiefsten Ehrfurcht vermischt mit den zärtlichsten Empfindungen der Liebe, u. dieß [S. 5] geschieht aller Orten hier eingehender Nachrichten nach, im gantzen Lande, so daß gleichwie ehemals Tiberius des Römischen, also dermahlen Kayser Joseph des Siebenbürgischen Volcks Liebling ist, wovon belangend die hiesige Stadt auch dieses zeuget, daß, als der hiesige Stadt-Prediger an dem vor die hiesige Stadt glücklichen Tag des Hierseyns I. M. in der Kirche eine öffentliche Vorbitte vor die gesegnete Reise I. M. des Kaysers that, so geschahe solches, sowohl von Seiten des Predigers als der Ecclesie mit so vieler Innbrunst u. hertzlicher Rührung, daß beyde, sowohl der Prediger als Gemeinde im Gebethe nur stammlend fortkommen konnten.
Bey mir haben unsers Allergnädigsten Herrns Huld u. Gnade solchen Eindruck gemacht, daß, wenn ich tausend Leben hätte u. jedes wäre mir so lieb, wie mein einziges, so wolte ich alle tausend in der größten Ruhe u. Stille meines Gemüthes der Willkühr des Monarchens in größtem Vertrauen auf seine Gerechtigkeit überlaßen.
[Notiz des Kopisten am Ende des Dokuments:] Aus dem Originalentwurf in v. Heydendorffschen Familienarchiv.
[1] Bei Seraphin, S. 111, lautet der erste Satz: „An des Tit. Herrn Canzlers Baron von Bruckenthals Excellenz. Nomine meo Notarii de Heydendorff“.
[2] Joseph II.
[3] Hügel.
[4] Mediasch.
[5] Wladislaus II., Kg. v. Ungarn. Laut Selbstbiographie: König Johann (I. Zápolya), vgl. Michael Conrad von Heidendorf. Eine Selbstbiographie. Hg. Rudolf Theil. In: Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde 16 (1881), 2, S. 490.
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Empfohlene Zitierweise:
Quellen zur Geschichte Samuels von Brukenthal. Aus dem Nachlass von Georg Adolf Schuller, hg. von Konrad Gündisch und Jonas Schwiertz, 2022.
URL: https://siebenbuergen-institut.de/1773-6-7-1 (Stand: 10. März 2022).
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