1775, Mai 27

1775, Mai 27: Schreiben Brukenthals an den Kanzler Heinrich Kajetan Graf von Blümegen über die Aktivitäten der Religionskommission und seine eigenen Handlungen in Religionsfragen.

 

Orig. im Brukenthalischen Hausarchiv Hermannstadt, Q. 4. D. 16.
Bezug: Biographie, 1. Bd., S. 8.

[Notizen des Kopisten am Anfang des Dokuments:]
Abschrift einer an den Graffen von Blümenegen den 27. May 1775 erlaßen Schreibens
Q. 4. D. 16
Schrift des Soterius

[S. 1]

 

Mit verwichener Post ist ein allerhöchstes Rescript vom 20ten April dieslauffenden Jahres herabgekommen, welches der unter dem Graffen von Bethlen[1] angeordneten Religions Commission eine gantz andere Gestalt giebt, als sie nach Ihro K. K. Majestät allermildesten Entschließung vom 6t Junii 774 hat, und gehabt hat. Es verwandelt sie gleichsam in ein zweytes Gubernium, und verstattet ihr nicht allein den gemeinschaftlichen Gebrauch des Gubernial-Siegels, sondern sezt auch die Gegenstände ihrer Bearbeitung weit über die Gräntzen dererjenigen weg, die ihr vermöge angezogener allerhöchsten Entschließung bestimt und vorgeschrieben worden waren:

Es theilt ihr die PublicoEcclesiastica zu, und giebt ihr also ungemeßenen Stoff an die Hand alles unter diesen Titul zu ziehen, was ihr immer belieben und gut düncken wird.

Weil ich die Veranlaßung zu diesem allerhöchsten Rescript nicht kenne, aus Uberlegung der wichtigen Folgen aber, die es natürlicher weise haben wird, urtheilen muß, dass sie auch wichtig, und groß seye; so kann ich nicht anders vermuthen, als daß sie entweder von irgend einer Beschuldigung, als ob ich, und das Gubernium ungerecht verführe, und die Rechte der Catholischen Religion geschmälert, die Befugniße der andern Religionen hingegen erhöhet, und erweitert hätte; oder von dem scheinbahren Vorgeben, es drohe der Religion Gefahr bey der vorigen Einrichtung, hergenommen worden.

In Absehn auf die Beschuldigungen kann ich mich auf die Verhandlungen, und das Zeugniß aller Gubernial-Glieder, den Graffen v. Bethlen nicht ausgenommen, beruffen; sie werden und müßen in dem alle übereinstimmen, daß ich mit außerster Behutsahmkeit, und wenn ich es sagen darf, einer ängstlichen Sorge, der gezeichneten Spur der allerhöchsten Vorschrifften nach gegangen, und mich weder zur Rechten, noch zur Lincken verleiten laßen. Der Graff v. Bethlen hat mir das offentliche Zeugniß wiederhohlt gegeben, denn daß er heimlich anders geschrieben, oder gesagt haben solte, kann ich nicht vermuthen, daß ich genauer und strenger verfahre, als er selbst. Dieses werden auch die verhandelte Gegenstände unwiderlegbahr erweisen. [S. 2] Es ist wahr, daß dem Unirten Wallachischen Bischoff[2] sowohl eigene, als Vergehungen seines Cleri aus gestellet worden; es ist auch an dem, daß einigen Nicht Unirten Popen und Layen Hülffe wiederfahren; allein die ersten waren zum Theil von der Beschaffenheit, daß sie die heiligsten Rechte der Ordnung verletzten, zum Theil die Sicherheit des geselligen Lebens unterbrachen, und das Feuer der Zwitracht, gewiß nicht zum Vortheil der abgezweckten Union, anfachten; die Hülffe aber wurde nur in Fällen geleistet, wo sie Gesetze, Menschlichkeit und Ordnung unvermeydlich machte, und wo, wenn sie versagt worden wäre, unordentliche Ausbrüche eines rohen, und von weniger Überlegung geleiteten Volks zu befürchten waren.

Von Seiten der Beschuldigung schmeichle ich mir also könne die Veranlaßung zu diesem allerhöchsten Rescript nicht herrühren. Was vor Gefahr aber kann der Catholischen Religion aus voriger Einrichtung bevorstehen? Gewiß keine; denn weil nichts heimlich geschiehet, nichts einseitig, sondern alles gemeinschaftlich verhandelt, und in öffentlichen zu Ihro Maytt Allerhöchsten Einsicht, eingeschickten Protocollen aufgehoben, und bewahret wird, so sehe Ihro Maytt und der allerhöchste Hoff nicht allein das Gantze in der Anordnung und der Lage aller Gegenstände verläßlich ein, sondern können auch alle Angelegenheiten zweckmäßig lenken und regieren.

Euer Excellence kennen Siebenbürgen zu wohl, als daß ich nöthig hätte alle Folgen her zu zehlen die aus vorberührtem Allerhöchsten Rescript her rühren müßen. Seith meinem Hierseyn habe ich die getheileten Gemüther zu samlen, und zu vereinigen gesucht; ich habe sie zu einer gemeinschaftlichen Hand Anlegung an vorkommende Gegenstände angeleitet, und dadurch eine Menge großer, und meist zurück gebliebener Arbeiten überwaltigt; ich habe den Grund zu allen andern durch treffende Einleitung gelegt, und es ist mir noch keine Schwierigkeit aufgestoßen, die wir nicht gemeinschaftlich gehoben, und auf die Seithe gebracht hätten. Selbst mit den Dicasterien habe ich eine genaue Einverständniß gepflogen, und Ihro K. K. Apostolische Majestät sind mit Klagen und Beschwerden über Uneinigkeit nicht behelligt worden. Die Geschäffte sind demohngeachtet so gegangen, und gehen wircklich auch noch [S. 3] so, daß sie den abgezweckten Erfolg gewiß versprechen, wenn sie nur mit dem nemlichen Geist, und unter solchen Umständen fortgeführet werden könten, wie sie angefangen worden waren.

Dieses kann und wird schwerlich geschehen wenn das berührte allerhöchste Rescript in Ausübung gebracht werden soll; denn die mit vieler Mühe öffterer Überwindung gestifftete und unterhaltene Eintracht wird verschwinden; daraus werden Hinderniße in die Geschäffte, und folglich Nachtheil in Ihro Majestät Allerhöchsten Dienst sich ergießen, und die schwankende Gemüther vieler Siebenbürger werden in die alte Haltungen wieder zurück sincken, aus dem sie sich seith kurtzem mit Mühe lediglich und bloß von Ihro Majestät Milde und Weisheit geleitet, herausgewunden hatten. Die Heiterkeit des Geistes, und die Ruhe des Gemüths durch die, in Verwickelung der Umstände, welche bey dem Zufluß so vieler Geschäffte unvermeidlich ist, eine richtige Beurtheilung der Gegenstände, und eine vernünftige Maß der besten Mittel zu dem Zwecke, allein erhalten werden kann, wird durch ängstliche Besorgniße, und die Gefahr, worin jede Entschließung und jede Handlung stürtzen kann, gestört und unterbrochen werden. Auch die bestdenckenden, und eyffrigsten müßen ermüden, wenn sie nebst den Geschäfften, die an sich Arbeit genug machen, annoch mit einer kummervollen Absonderung dieser von jenen, jener von diesen Kämpfen, und sich dabey einer beständigen Verantwortung ausgesezt sehen sollen, weil es sehr offt scheinen kann, sie hätten zu vieles sich erlaubt, oder zu wenig unternommen.

Noch eine Betrachtung kann ich nicht übergehen, ob ich sie gleich mir selbst ungerne gestehe. Es sind in Siebenbürgen viele unruhige und intrigante Leuthe; selbst unter den die in Geschäfften gebraucht werden, fehlt es daran nicht.

Diese haben in den vorigen Zeiten die unglückliche Kunst gefunden die Stellen gegen einander auf zu bringen, die Gemüther der Beamten mit wechselsweisen [S. 4] Groll und Bitterkeit zu erfüllen, allen Vorwürffen nach den Zeit-Umständen, bald diese bald jene Farbe anzustreichen; auch in den unschuldigsten Handlungen eine falsche Seithe aus zu finden, und in die reinesten, und gerechtesten Maaß Regeln, Religions-Haß, Nationalitaet, und dergleichen hinein zu dichten. Durch diese unseelige Mittel haben sie den Fortgang der meisten Geschäfte gehemmet, und dem allerhöchsten Dienst sowohl, als dem wahren Besten des Landes unwiederbringlichen Schaden verursachet. Diese Leuthe werden Gelegenheit suchen, und die gefundene mit beyden Händen ergreiffen, um die verloschenen Eindrücke wieder auf zu frischen, den Samen der Uneinigkeit auszustreuen, und alles in die vorige Verwirrung zurück zu bringen.

Meine Besorgniß wird nicht im mindesten verringert, wenn ich gleich die Denck und HandlungsArt derjenigen erwege, die hiebey den meisten Einfluß haben werden.

Durch mein redliches, unpartheyisches, und lauteres Betragen hoffte ich es mit der Zeit dahin bringen zu können, daß alle gemischte religions Angelegenheiten, so von einer, als den übrigen religionen in dem Gemeinschaftlichen Rath des Gubernii abgehandelt werden könten; selbst diejenigen nicht ausgenommen, die der Graff v. Bethlen dermahlen besorget, und das als denn gewiß nicht zu ihrem Schaden. Die Verfaßung des Landes, die gemeinschafftliche Handhabung der Gesetze, und die vollkommene Vereinigung der Völcker, die von der göttlichen Vorsehung, in diesem Lande beysammen zu wohnen bestimt sind, würden alle dabey gewonnen haben, und die Ruhe und Einigkeit mit ihrem Seegen würde gewiß nicht ausgeblieben seyn.

Euer Excellence sehen die Verlegenheit in der ich mich befinde. Sie kann nicht grösser seyn als sie ist; weil ich mir die obige Folgen, alle so gewiß vorstelle, als sie wircklich eintreffen werden, und eintreffen müßen. Ich unterstehe mich Euer Exellentz die Abschrifft des allerhöchsten Rescripts hier bey zu fügen, und Hoch dieselbe inständigst zu bitten meine gerechteste Besorgniße Ihro K. K. A. Majtt allerunterthänigst vor zu stellen, und es zu erwircken; daß die Sachen wenigstens in der Lage bleiben mögen, wie sie dermalen sind.

Sobald ich wegen der Menge der Geschäfften so viel Zeit [S. 5] gewinnen kann werde ich auch hierüber eine besondere allerunterthänigste Vorstellung ein zu reichen mich unterfangen.

Ich wünsche daß des Bischoffs Excellentz bald herein kommen, um selbst Zeuge zu seyn, daß nicht’s geschehe, noch geschehen könne, oder werde, was der Allerhöchsten Absicht entgegen läufft.

Zwey allerunterthanigste Noten unterstehe ich mich Euer Exel gehorsamst beyzufügen, und bitte auch in Ansehung derselben um gnädige Unterstützung.

 


[1] Gabriel Graf Bethlen, Kanzler.

[2] Grigore Maior.

 


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Empfohlene Zitierweise:

Quellen zur Geschichte Samuels von Brukenthal. Aus dem Nachlass von Georg Adolf Schuller, hg. von Konrad Gündisch und Jonas Schwiertz, 2022.
URL:  https://siebenbuergen-institut.de/1775-5-27-1 (Stand: 14. Februar 2022).

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