[vor 1764, Juni 4, o. Ort]: Konzept einer Meldung Brukenthals an Maria Theresia über eine Ordnungswidrigkeit des Grafen Nikolaus von Bethlen.
Abschrift aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, St.R.A, Nr 1636/764.
Bezug: nicht ermittelbar
[Notizen des Kopisten am Anfang des Dokuments:]
Brukenthal.
Recht Gericht
Nota.
Ohne Datum, verhandelt
im Staatsrat 16 / VI 1764.
Wohl Anfg Juni verfaßt.
Halbbr. geschr.
[Notizen des Kopisten am Ende des Dokuments:]
(NB. Name eigenhändig, sonst fremde Schrift, Concept aber sicher v. Br. weil ganz sein klarer, einfacher Stil.).
Nr 1636/764 des St. R. A. in Wien.
[S. 1]
Allerunterthänigste Nota
Gestern Vormittag war der neue General–Perceptor auß dem Fürstentum Siebenbg bey mir und gab mir die Nachricht, daß er auf Befehl des Ober-Provincial–Commissarii Graffen Nicolaus v. Bethlen den Gehalt der Cantzeley, auf das lauffende halbe Jahr, das ist von dem 1ten May biß Ende künftigen Octobris heraufgebracht habe. Dieses ist Gleich nach dem Begräbniß des verstorbenen Bar. v. Buccow veranlaßet worden, und auf Unkosten des Landes, u. ohne Abzug der Arrha[1] geschehen, so wie es ehedem zu geschehen pflegte.
Ich erinnere mich auf Ihro Kayserl. Köngigl. Majestät Allerhöchsten mir neulich sehr deutlich erlaßenen Befehl zurück, in welchem ausdrücklich, und einmahl vor allemahl verordnet wird, daß in so lange die Militair Quotta nicht vollständig abgeführt seyn wird, keine andere Zahlung, wie sie immer Nahmen haben möge, geleistet werden solle: ich höre von einer andern neuern Allerhöchsten Entschließung, denn mitgetheilt ist sie mir nicht worden, welche weiter Klar und bedeutend verordnen soll, daß die Arrhen u. Carentzien vor allen Zahlungen, die auß der Provincial Cassa herfließen abgezogen, u. zurück gehalten werden sollen; und ich muß daher über alle maßen erstaunen, wie es möglich ist, Ihro Majt. Allerhöchste Befehle so bald zu vergeßen; ihnen so gerade entgegen zu handeln.
Solche Vorgänge können in einem Land wie Siebenbürgen dermahlen ist, wo die befohlene Einrichtung noch keinen vollkommenen Bestand hat, nichts anders als widrige Folgen hervorbringen; sie müßen die eigenmächtige Unordnungen wieder zurückrufen, der mit so vieler Mühe, und Bloß Stellung treuer Diener kurz vorher weggeschaffet worden.
Der gegenwärtige Fall muß entweder von dem eigenen Willen des Grafen Nicolaus Bethlen, Bruders vom Hoff-Kanzler herrühren, oder von diesem, und der Canzeley veranlaßet worden seyn; im ersten Fall ist jener schuldig, und verdient die Allerhöchste Ahndung, im Zweyten ist dieser oder diese anzusehen; in beyden aber wird der Weg gewiesen, und kein zweydeutiges Beyspiell gegeben, wie vieles umgekehrt, und umgestoßen werden könne, das zwar vor den Allerhochsten Dienst, aber wider die Absichten einiger allergehorsamst vorgeschlagenen, Allergnädigst befohlen, und zum Theil eingerichtet worden ist.
Ihro Kayserl. Königl. Apostol. Majestät unterstehe ich mich, auß Gefühl meiner Pflichten, diesen Vorgang allerunterthänigst anzuzeigen. Denn ich fürchte in der That, dieses Beyspiell, das in den gegenwärtigen Umständen vielmehr bedeutet, als es in sonst andern je hätte bedeuten können, werde auf die wankende Gemüther vieler meiner Landes Leuthe, zum Nachtheil des Allerhöchsten Dienstes würken.
B. v. Brukenthal
[1] Arrha (lat. arra), Aufgeld, Draufgeld. Durch deren Entrichtung erhielt ein formloser Vertrag die bindende Kraft eines Realvertrags, der den Empfänger zur Leistung verpflichtete.
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Empfohlene Zitierweise:
Quellen zur Geschichte Samuels von Brukenthal. Aus dem Nachlass von Georg Adolf Schuller, hg. von Konrad Gündisch und Jonas Schwiertz, 2022.
URL: https://siebenbuergen-institut.de/1764-6-4-1 (Stand: 14. Februar 2022).
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